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Himmel und Hölle

Finsteres Mittelalter... oder?

Wie war das noch mal? Im Himmel wohnt ein alter Mann mit wallendem weißem Bart, es herrscht die fröhliche Atmosphäre eines durchschnittlichen Domgottesdienstes, und man muss von morgens bis abends frohlocken und ansonsten Hosianna singen. Da schließe ich mich auch lieber dem legendären Münchner an - lieber Hofbräuhaus als das!

In der Hölle dagegen lebt eine hummerhäutige Kreatur und wendet mit einem Dreizack die auf einem riesigen Rost liegenden armen Seelen derer, die sich von der Kirche abgewendet haben, bis sie schön knusprig sind. Dann werden sie zu Hundefutter verarbeitet...

Von diesen mittelalterlichen Ansichten über Himmel und Hölle sollten wir uns so schnell wie möglich lösen. Genau wie von der merkwürdigen Ansicht, Himmel sei eine Belohnung für ein gutes, Hölle dagegen eine Strafe für ein schlechtes Leben. In der Bibel steht davon nämlich - nichts.

Gut, vom Feuer der Hölle steht da was, und von den Freuden des Himmels auch. Wir sollten dabei aber nicht vergessen, dass die Bibel im Orient entstanden ist, einer Gegend, wo man sich in Erzählungen und Metaphern etwas blumiger und drastischer ausdrückt als in mitteleuropäischen Diplomarbeiten. Vieles in der Bibel ist nicht wissenschaftlich exakt, sondern bildlich gemeint. Über die Details sollen sich die Theologen auseinandersetzen, dazu sind sie da. Aber klar ist mir im Großen und Ganzen Folgendes:

Himmel und Hölle sind keine geografischen oder astronomischen Orte, sondern Zustände der Gemeinschaft zwischen Mensch und Gott, sowie als Konsequenz davon zwischen Mensch und Mensch. Himmel ist, kurz gesagt, da, wo Liebe und Frieden das Zusammenleben bestimmen, wo jeder jedem anderen als Freund begegnet und die Gegenwart eines liebevollen Gottes handgreiflich spürbar wird. Wo das für mich spürbar wurde, hast du ja schon gelesen.

Hölle ist dagegen überall, wo von alledem nichts mehr zu merken ist, wo nur noch Ellenbogen und Konkurrenz herrschen, wo jeder jeden anderen als Feind betrachtet und dieser Gott der Liebe ewig weit weg scheint. Und auch ist.

Wo du leben willst, entscheidest du selbst. Sicher, du kannst auch ohne Gott diesen Zustand von Liebe und Frieden in einem kleinen Bereich erzeugen, in deiner Familie etwa. Nachdem ich Gottes Liebe kennengelernt habe, kommt mir das allerdings so vor, als würde jemand alles Tageslicht aus seinem Haus aussperren und sich ständig im Licht einer Taschenlampe bewegen - "Guckt mal, ich hab doch Licht, wozu brauche ich den Tag noch? Ich bin selbständig!"

In diesem irdischen Leben, in dem wir beide uns noch bewegen, vermischen sich Himmel und Hölle ständig. Du hast täglich Kontakt mit Menschen, die von dieser Liebe etwas "haben" und sie dir vermitteln. Andererseits hat auch der liebevollste Mensch mit Zeitgenossen klarzukommen, die das nicht erwidern, sondern nur ausnutzen, ihm also feindlich begegnen.

Wir müssen der Bibel glauben (weil es keine andere Quelle gibt, die ich für glaubwürdig halte), dass nach dem irdischen Tod diese Zustände polarisiert werden. Alle, die sich für ein Leben ohne Gottes Gemeinschaft entschieden haben, müssen dann in einer Gesellschaft leben, die nur noch von dieser Einstellung geprägt wird - die herrschenden Kräfte werden dort Egoismus und Anarchie sein, schätze ich. Klar, man kann auch in so einer Gesellschaft leben. Aber so etwas wie Freundschaft wird kaum noch möglich sein, höchstens in einem ganz kleinen Rahmen, den man ständig nach außen verteidigen muss. Um in dem oben angerissenen Licht-Beispiel zu bleiben - dort gibt es kein Tageslicht mehr, nur noch Mitternacht, Taschenlampen und genug Batterien für alle.

Aber alle, die sich für ein Leben entschieden haben, das von Gottes Liebe und daher auch von Liebe zu anderen Menschen geprägt ist, werden nach dem irdischen Tod in dieser Gemeinschaft untereinander und mit Gott leben, in einer Gemeinschaft, die nur noch von Freundschaft und Liebe geprägt ist. Im hellen Tageslicht der Liebe Gottes, um im Bild zu bleiben, und es wird keine Nacht mehr geben.

Verstehst du die Symbolsprache von Märchen? Dann habe ich ein russisches Märchen für dich verewigt, das unübertrefflich deutlich macht, worum es geht.

Nochmal: Himmel ist keine Belohnung und Hölle keine Strafe. Beides sind Konsequenzen aus dem irdischen Leben, die darauf zurückzuführen sind, dass Gott den Menschen ernst nimmt. Wer hier nichts mit Gott zu tun haben will, braucht nie etwas mit ihm zu tun zu haben - Gott respektiert diese Entscheidung. Wer aber hier seine Gemeinschaft sucht, wird immer in dieser Gemeinschaft bleiben.

Und diese ewige Gemeinschaft mit Gott hat bestimmt nichts mit täglichem Hosianna-Singen und schon gar nichts mit Langeweile zu tun. Ich stelle mir das dagegen unglaublich spannend vor, in der Schöpferwerkstatt zu arbeiten, wo die Kreativität selbst erfunden wurde! In ewiger Freundschaft mit dem Gott zu leben, dessen innerstes Wesen Liebe ist! Alles machen zu können, was ich gern mache, ohne dass diese widerliche Zeit oder sonstiges im Weg steht! Whow, ich freu mich drauf wie ein kleines Kind auf Weihnachten.

Und wie kommt man in diese Gemeinschaft mit Gott rein? Jesus hat auf diese Frage ganz frech und unbescheiden geantwortet: "Ich bin die Tür!" (übrigens, wer die Bibel buchstäblich nimmt, so wie das mit dem Feuer der Hölle, der muss sich Jesus jetzt mit Klinke und Schlüsselloch im Bauch vorstellen). Das, was diese Tür blockiert, ist die Schuld jedes Menschen Gott gegenüber, und was diese Blockade beseitigt, ist der Tod Jesu Christi am Kreuz. Deshalb ist dieses Kreuz so wichtig, dass die Christen dieses Folterinstrument zu ihrem Symbol erklärt haben.

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? Und wozu brauche ich die Kirche? Ich kann doch auch alleine Christ sein.