Persönlich
Meine Meinung
Krieg gegen Kinder
8. April 2003 – der Irak-Krieg scheint größtenteils vorbei zu sein, und die Zahl der zivilen Opfer ist weitaus geringer als befürchtet.
Gott sei Dank!
Dennoch: Statistiken wie Iraq Body Count erfassen nur die Zahl der direkt durch Waffeneinsatz getöteten Zivilisten. Wie viele (und gerade Kinder!) zusätzlich
oder wodurch auch immer sterben, als indirekte Kriegsfolge, steht in keinem Dokument der Welt. Und überhaupt: Warum nur Tote zählen? Sind lebenslang Verletzte oder Verstümmelte etwa keine Kriegsopfer? Die Eltern, die zusehen mussten, wie ihre geliebten Kinder schreiend in einer Feuerwalze verbrannten – sind sie keine Kriegsopfer?
Ein Bericht bei Reuters AlertNet hat mich doch sehr ins Nachdenken gebracht.
Da sieht ein US-Soldat zwei irakische Jungen von etwa zehn Jahren, die sich an einem getöteten Kämpfer zu schaffen machen. Einer davon nimmt dem Kämpfer eine Granate ab. Darauf schießt der Soldat auf beide Jungen und tötet einen, dessen Leiche von seinem Freund dann weggeschleppt wird.
Ich will dem Soldaten keinen Vorwurf machen, denn militärisch hat er richtig gehandelt. Ein Kind, das sich bewaffnet (oder Waffen für die eigenen Kämpfer einsammelt), mutiert vom Zivilisten zum Weichziel. Kriegsrecht eben. Aber: Weiß das Kind das überhaupt?
Ist es nicht denkbar, dass die Kinder den Ernst der Situation überhaupt nicht erfasst haben, also von der Bedrohung nichts wussten? Oder anders gefragt: Hätte der Soldat ebenso gehandelt, wenn er die Jungen gekannt hätte?
Ich kenne die Situation nicht und kann nur spekulieren: Wäre es nicht möglich gewesen, zunächst einen Warnschuss abzugeben? Auge in Auge mit der Mündung eines MG hätte das Kind die stumme oder ausgesprochene Aufforderung, die Waffe fallen zu lassen und das Weite zu suchen, bestimmt ohne weiteres verstanden.
Gab es wirklich keine Möglichkeit, das Kind am Leben zu lassen?
Wie gesagt, der Soldat hat eine schwere Entscheidung militärisch korrekt getroffen – und doch ist das Ganze, die Situation an sich, so menschenverachtend!
Das Gleiche gilt natürlich auch für die andere Seite. Wer Kinder in ein Gefechtsfeld schickt, in der (wenn auch hoffentlich berechtigten) Hoffnung, diese würden von der anderen Seite aus nicht beschossen, hat selbst nichts als Verachtung verdient.
Das ist nur ein Beispiel, das mich halt aufhorchen ließ. Dieser eine Junge steht stellvertretend für so viele andere Kinder, die entweder zum Kämpfen gezwungen werden oder einfach zwischen die Mühlsteine geraten (dass letztere in der Mehrzahl sind, wird in dem erwähnten Bericht ja sogar eingeräumt!). Entsprechendes gilt z.B. auch für die in Israel von Soldaten getöteten Kinder (auf beiden Seiten!).
Der Krieg macht den Tod von „Feinden“ so egal – auch wenn diese Feinde eigentlich nichts anderes als ihren Frieden wollen.
Kriegsrecht eben.