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09. Sep. 2023

Beobachtungsberichte

8. Juni 2004 (Venustransit)

Ort:         Steinheim am Albuch (20 km südlich Aalen),
             mitten in Deutschlands schönstem Meteoritenkrater

Instrumente: OptiMiST (Newton 76/700), baaderbewehrt, mit H12.5
             Mili-Terry (Kronos 10×50), baaderbewehrt
             Nikon F3 mit Beroflex-"Wundertüte" 500 mm f/8

Hier ist fast wolkenloser klarer Himmel. Doch, o Graus: ausgerechnet um
7:14 Uhr schob sich eine Altocumulus-Gruppe so vor die Sonne, daß sie im
OptiMiST  gar nicht mehr zu sehen war und im Mili-Terry nur zu ahnen.
Aber um 7:19 Uhr war sie wieder frei.

Die Erste Delle [tm] habe ich im OptiMiST kurz vor 7:22 Uhr gesichtet,
ich schätze den ersten Kontakt (der ja visuell gar nicht zu beobachten
ist) auf 7:21:15 Uhr +/- 10 Sekunden.

Zweiter Kontakt war auch hier fast ohne Tropfenphänomen zu sehen, früher
als erwartet, nämlich 7:38:00 +/- 10 Sekunden, also keine 17 Minuten
nach dem 1. Kontakt (ich habe das Venusscheibchen nach bestem Wissen und
Gewissen zu einem Kreis ergänzt).

Um 7:40 Uhr war der Sonnenrand definitiv wieder geschlossen, der 2.
Kontakt also längst vorbei.

Zwischen t1 und t2 bildete ich mir ein, auch den noch "außerhalb"
liegenden Teil der Venus als Schatten sehen zu können. Ich habe den
hellen Himmel unmittelbar am Sonnenscheibenrand immer für ein
erdatmosphärisches Phänomen gehalten, womit das ausgeschlossen, also
Einbildung  wäre; falls es aber möglich ist, durch die Baaderfolie die
Sonnenkorona zu ahnen, kann es "echt" gewesen sein.

Beeindruckend war der Anblick im Fernglas. Sollte das räumliche
Sehvermögen wirklich so kleine Winkel noch auswerten können? Der
Bildeindruck war räumlich, die Venusscheibe schwebte deutlich /vor/ und
nicht /in/ der Sonnenscheibe.

Die Familie, in deren Garten ich meine Astrostation für heute
übersiedelt habe, ließ sich den Anblick auch nicht entgehen, der meinen
sogenannten Freund Jörg zu dem wahrscheinlich realistischen Kommentar
veranlaßte, wir Astronomen hätten ja alle einen Schuß weg ...

Der 3. Kontakt hatte bei mir einen auffallenden Tröpfcheneffekt, etwa
20-30 Sekunden lang. Ich ergänzte wieder Venusscheibchen und Sonnenrand
zu ganzen Kreisen und bekam so den dritten Kontakt um 13:04:35 Uhr mit,
+/- 10 Sekunden wie immer.

Den vierten Kontakt fand ich sehr schwierig zu ermitteln, da der
Sonnenrand wegen beträchtlicher Luftunruhe stark waberte und kaum
erkennen ließ, ob nun Venus oder Szintillation die "Kerben" zu
verantworten hatten. Mal war sie weg, dann war sie wieder da, aber der
vierte Kontakt dürfte sich hier einigermaßen genau um 13:23:00 Uhr
abgespielt haben. Danach war kein Eckchen Venus mehr zu sehen.

Den Eindruck, die außenstehende Venushälfte vor der Sonnenkorona zu
sehen (siehe 1./2. Kontakt), hatte ich jetzt nicht mehr, was an der
Luftunruhe liegen kann.

Bemerkung am Rande: Das Bild im Fernglas fand ich "emotional" wesentlich
eindrucksvoller als das im Skop. Während Venus im Newton halt ein
schwarzer Punkt in einer hellen Scheibe war, hatte ich im Fernglas
wirklich den realistischen Eindruck, einen frei schwebenden Planeten auf
seiner Bahn vor der Sonne entlangfliegen zu sehen. Die Vorstellung, daß
die Erde in gleicher Entfernung nur unwesentlich größer wäre und die
riesige Sonne immer noch 3,5-mal so weit entfernt ist, vermittelte ein
deutliches "Gefühl" für die Größenverhältnisse im Sonnensystem, die man
ja sonst nur als abstrakte Zahl behandelt.

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